zooschweiz - Verein wissenschaftlich geleiteter zoologischer Gärten der Schweiz
zoosuisse - Association des parcs zoologiques suisses gérés de façon scientifique
Grundrechte für Primaten
TIERE BRAUCHEN SCHUTZ – NICHT MENSCHENRECHTE
Basel hat am 13. Februar 2022 entschieden: Primaten sollen keine Grundrechte erhalten. Die Primateninitiative wurde mit rund 75% deutlich abgelehnt. Auch weiterhin werden ausgebildete Biologinnen, Veterinärmediziner und Tierpflegende Verantwortung für die Zolli-Affen übernehmen und ihnen – wie allen anderen Zootieren auch – den bestmöglichen Schutz garantieren. Genauso sieht es das eidgenössische Tierschutzgesetz vor.
Laut den Initianten, den TierrechtsaktivistInnen von «Sentience – Politik für Tiere» hätte die Abstimmung in Basel in die Geschichte eingehen sollen. Dann nämlich, wenn den Primaten des Kantons Basel-Stadt das Recht auf Leben sowie das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit garantiert worden wäre. Dies mit entsprechender Verankerung in der Basler Kantonsverfassung. Gelungen ist das nicht: Das Basler Stimmvolk hat entschieden, den Primaten im Besitz der öffentlichen Hand keine Grundrechte zu gewähren. Nur im Zoo Basel und im Tierpark Lange Erlen leben Affen auf städtischem Boden. Und diese wären mal mehr, mal weniger von der Initiative betroffen gewesen. So genau wusste das niemand, vor allem nicht die Initianten selber. Immer wieder war von einer «indirekten Drittwirkung» auf die Affen des Zoo Basel und des Tierpark Lange Erlen die Rede. Wie diese jedoch genau ausgesehen hätte, blieb unbeantwortet. Zu vieles war im Initiativtext nicht formuliert.
Der Verein zooschweiz / zoosuisse freut sich, dass die Baslerinnen und Basler sich letztendlich für den Schutz der Primaten entschieden haben. Denn längerfristig hätte eine Annahme der Initiative durchaus dazu führen können, dass die zoologischen Institutionen keine Affen mehr hätte halten können. Ausserdem hätte die Initiative zu mehr Tierleid statt zu mehr Tierwohl geführt. Das Grundrecht auf Leben ist nicht verhandelbar und so hätten schwer kranke Tiere nicht mehr schmerzlos euthanasiert werden können, sondern hätten bis zu deren Tod leiden müssen. Ausserdem hätten externe «Experten», die Rede war von der KESB, sich um die Tiere als eine Art Beistand und Rechtsvertreter kümmern müssen.
Gemeinsam mit zooschweiz, dem Verein wissenschaftlich geleiteter zoologischer Gärten der Schweiz, und dem Verband der Zoologischen Gärten (VdZ), dem 71 Zoos in Deutschland, Österreich, Spanien und in der Schweiz angehören, ist der Zoo Basel überzeugt, dass echter Tierschutz nichts mit Grundrechten zu tun hat. Der Zoo Basel verfügt über Experten – ausgebildete Biologinnen, Veterinärmediziner und Tierpflegende –, die zu jeder Zeit im Sinne des Wohlergehens der Tiere entscheiden. Dabei stützen sie sich nicht nur auf ihr Wissen und ihre Erfahrung, sondern auch auf das strenge eidgenössische Tierschutzgesetz und der Tierschutzverordnung. Das kantonale Veterinäramt Basel-Stadt kontrolliert regelmässig, ob die Vorschriften in den zoologischen Einrichtungen eingehalten werden. Diese Kontrollen bilden die Basis für die Erteilung der gewerblichen Wildtierhaltebewilligung. «Wir befinden uns also nicht in einem ‹rechtsleeren› Raum. Wir können nicht einfach machen, was wir wollen», sagt Zoodirektor Olivier Pagan. «Auch in Zukunft werden wir die Verantwortung für die Tiere in unserer Obhut übernehmen und alles daransetzen, sie bestmöglich zu schützen und zu betreuen. Das ist es, was sie verdienen und brauchen.»
Weil das Thema aktuell bleibt und radikale Tierrechtsaktivistinnen und -aktivisten weiterhin Menschenrechte für Tiere fordern werden, finden Sie nachfolgend die Argumentation der Gegnerschaft zur Primaten-Initiative im Abstimmungskampf (2022):
AFFEN SIND STARK GEFÄHRDET
In Zoos und Tierparks gepflegte Affen sind Botschafter für ihre Artgenossen in der Natur. Durch das Einwirken des Menschen sind Affen auf der ganzen Welt stark gefährdet. 60 Prozent aller Affenarten sind bedroht und 75 Prozent weisen rückläufige Populationen auf. Mit den international koordinierten Erhaltungszuchtprogrammen übernehmen wissenschaftlich geführte Zoos wie der Zoo Basel Verantwortung und tragen einen wichtigen Teil zum Schutz der Affen bei. Ein gutes Beispiel dafür sind die Goldgelben Löwenäffchen. Dank eines Wiederansiedlungsprojekts der Zoos rutschte die Art auf der roten Liste eine Stufe nach unten. Sie gilt heute nicht mehr als «vom Aussterben bedroht», sondern „nur noch“ als «stark gefährdet». Ohne Affenhaltung könnte der Zoologische Garten Basel diesen wichtigen Beitrag zum Artenschutz in Zukunft nicht mehr leisten.
AFFEN MÜSSEN SCHON HEUTE VOR LEID BEWAHRT WERDEN
Das Schweizer Tierschutzgesetz verpflichtet alle Tierhalter, private Einzelpersonen und Institutionen wie Zoologische Gärten, Tiere vor ungerechtfertigtem Leid, Angst und Schmerzen zu bewahren. Genauso wie jeder Haustierbesitzer übernehmen Zoos Verantwortung für alle bei ihnen gepflegten Tiere und sie gewähren ihnen den bestmöglichen Schutz. Das Wohlergehen und die Sicherheit der Tiere steht in allen wissenschaftlich geführten Zoos der Schweiz zu jeder Zeit an erster Stelle.
BÜROKRATIE UND JURISTENFUTTER
Wird die Initiative angenommen, müssen der Zolli und der Tierpark Lange Erlen die Verantwortung für die Affen abgeben. Die Biologinnen, Veterinärmediziner und Tierpflegenden dürfen nicht mehr selbst über den Schutz, das Wohlergehen und die Sicherheit der Affen entscheiden. Das übernimmt eine Ombudsperson oder ein eigenständiger Beistand für sie. Die Initianten sprechen sogar von der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde KESB. Diese Vorschläge sind nicht nachvollziehbar, ja absurd.
Ist ein Tier verletzt, schwer krank oder sonst wie leidend, sind schnelle Entscheidungswege gefragt, um das Tier möglicherweise von seinem Leiden zu befreien und schmerzlos einzuschläfern. Die von den Initianten geforderte Bürokratie und das dazugehörige Juristenfutter hilft hier nicht, im Gegenteil. Es schadet dem Tier. Die Initiative bedeutet mehr Tierleid statt mehr Tierwohl.
WIDERSINNIG, UNÜBERLEGT UND GEFÄHRLICH
DIE INITIANTEN NEHMEN IN KAUF, DASS TIERE UNNÖTIG LEIDEN
Das Tierschutzgesetz und die dazugehörige Tierschutzverordnung schützt alle Tiere und definiert Pflichten der Tierhalter, gewährt aber auch einen Ermessensspielraum, damit der Tierhalter im Interesse des Tierwohls entscheiden kann. Ein Wohlergehen der Tiere, was in speziellen Fällen auch ein schmerzfreies Töten eines Tieres aus Tierschutzgründen beinhalten mag, ist bei Annahme der Initiative nicht mehr möglich! Denn: Grundrechte sind nicht verhandelbar. Das Tier muss leiden, bis es „eines natürliches Todes“ elendiglich stirbt. Das ist der Tierschutz der Initianten!
DEN INITIANTEN IST ES EGAL, WENN DER ARTENSCHUTZ BEDROHT IST
Die Initiative bedroht die Existenz der international koordinierten Zuchtprogramme, die einen wichtigen Beitrag zur Arterhaltung bedrohter Affenarten leisten. Darf der Zoologische Garten Basel keine Affen mehr halten, wird der internationale Artenschutz erschwert. Macht das Beispiel Schule, sind die Folgen gravierend.
DEN INITIANTEN IST ES EGAL, WENN ZOOMITARBEITENDE ZU KRIMINIELLEN GEMACHT WERDEN
Die Initiative macht Zoomitarbeitende zu Kriminellen. Sie werden kriminalisiert, wenn sie ihre Arbeit korrekt verrichten wollen – entweder, indem sie sich gegen das Recht auf Leben entscheiden oder indem sie ein Tier leiden lassen, wenn sie es nicht erlösen.
DIE INITIANTEN WOLLEN EINE AFFENBEHÖRDE
Mit Annahme der Initiative müssen die Tierhalter die Verantwortung für die Affen abgeben. Die Entscheidung über das Wohlergehen und die Sicherheit der Tiere geht von den qualifizierten Tierärztinnen und Tierärzten zu Ombudsfrauen, Juristen oder der Kinder- und Erwachsenschutzbehörde. Die Initiative bedeutet Juristenfutter und weniger Tierwohl.
DIE INITIANTEN SETZEN DIE AFFEN DEN MENSCHEN GLEICH
Rechte und Pflichten sind von Menschen für Menschen gemacht. Geben wir einem Affen Rechte, stülpen wir ihm ein menschliches Konzept über, das ihm nichts bringt. Ein Affe kann seine Rechte weder selbst ausüben noch durchsetzen. Er wird immer auf die Vertretung seiner Rechte durch einen Menschen angewiesen sein. Ein Mensch kann für einen Schimpansen sorgen, ein Schimpanse kann das umgekehrt jedoch in keiner Art und Weise.
DIE INITIANTEN BEVORZUGEN AFFEN – WIESO NICHT HUNDE UND KATZEN?
Die Schweizer Zoos setzten sich für den Schutz und das Wohlergehen aller Tiere ein. Affen sollen gegenüber anderen Tieren nicht bevorzugt behandelt werden. Aber genau dies tun die Initianten. Es ist nicht einzusehen, wieso ein Affe Menschenrechte bekommen sollte, aber in letzter Konsequenz ein Hund oder eine Katze davon ausgeschlossen bleibt.
DIE INITIANTEN BETREIBEN SALAMI-TAKTIK
In Tat und Wahrheit geht es den Initianten nicht primär um Menschenrechte für Affen. Die Initianten haben bewusst den progressiven, grün-links dominierten Kanton Basel-Stadt ausgewählt, um die Initiative zu lancieren. Sie rechnen sich hier die grössten Chancen aus, dass die Initiative durchkommt. Sie wollen einen gesellschaftlichen Wandel erzeugen und einen «Fuss in der Tür» haben, um in einem nächsten Schritt ultimativ jegliche Tierhaltung abzuschaffen.
Wird die Initiative im Kanton Basel-Stadt angenommen, werden sie das Ansinnen in anderen Kantonen lancieren, es auf weitere Tiergruppen ausdehnen, mittelfristig eine nationale Initiative starten und dies mit dem Fernziel, die Wild- und Nutztierhaltung in der Schweiz zu verbieten und eine vegane Gesellschaft zu etablieren.
FAQ – HÄUFIG GESTELLTE FRAGEN
WAS WILL DIE INITIATIVE?
Die Initiative «Grundrechte für Primaten» will allen Affen, nicht nur Menschenaffen, wie es die Initianten häufig zu suggerieren versuchen, das Recht auf Leben sowie auf körperliche und geistige Unversehrtheit garantieren. Da Affen ihre Rechte weder selbst ausüben noch durchsetzen können, würde diese Verantwortung delegiert. Zum Beispiel an eine vom Kanton Basel-Stadt geschaffene Ombudsstelle, einen Beistand oder die KESB. Diese bislang nicht klar definierte Behörde würde sicherstellen, dass die Rechte der Affen gewahrt werden und dass es den Affen „gut gehen“ soll.
GEHT ES DEN AFFEN BEI ANNAHME DER INITIATIVE BESSER?
Die Zoos haben sich mit den Forderungen der Initianten befasst. Und natürlich auch mit den möglichen Auswirkungen, die eine Annahme der Initiative auf das Wohlergehen und die Sicherheit der Tiere hätte. Der Schluss bleibt immer derselbe: Was in der Theorie toll klingen mag, ist in der Realität nicht praktikabel. Es ist ein Trugschluss, dass es den Affen nach Annahme der Initiative besser geht. Es geht ihnen schlechter.
IST DER ZOOLOGISCHE GARTEN BASEL ÜBERHAUPT BETROFFEN?
Ursprünglich wurde die Initiative für alle Affen auf dem gesamten Kantonsgebiet von Basel-Stadt eingereicht, explizit auch für jene des Zoo Basel. Erst das Bundesgericht präzisierte den Geltungsbereich, so dass die Initiative nur noch die Affen, welche von der öffentlichen Hand (zum Beispiel Universität) gehalten werden, einschliesst. Allerdings gibt es die Gefahr einer sogenannten „indirekten Drittwirkung“ und so werden die Tierrechtsjuristen nach Annahme der Initiative alles tun, um die Affenhaltung im Zoo und Tierpark einzuschränken und zu verhindern. Die Grundrechte bieten ja gemäss Initianten eine Basis für eine „dynamische Weiterentwicklung“. In welche Richtung diese „Weiterentwicklung“ zeigt, ist gut durchschaubar.
WAS ÄNDERT SICH IM KANTON BASEL-STADT NACH DER ANNAHME DER INITIATIVE?
Vordergründig ändert sich durch die Annahme der Initiative im Kanton Basel-Stadt nichts. Die Initiative schliesst nur von der öffentlichen Hand gehaltene Affen ein, von denen es im Moment gar keine gibt. Die Frage sei erlaubt, wieso die Initianten dann die Initiative nicht zurückgezogen haben? Mit dem Geld für diesen sinnlosen Abstimmungskampf hätten echte Tierschutzanliegen gefördert werden können.
WELCHE FOLGEN HAT DIE INITIATIVE FÜR DIE ZOOMITARBEITENDEN?
Aktuell dürfen Zoomitarbeitende ein schwer krankes Tier erlösen, um sein Leiden zu beenden. Das Menschenrecht auf Leben für Affen verunmöglicht diese Lösung. Schläfern unsere Mitarbeitenden das Tier trotzdem ein, um das bestehende Leiden zu beenden, verhalten sie sich bei Annahme der Initiative gesetzeswidrig. Gemäss Tierschutzgesetz kriminalisieren sie sich jedoch auch, wenn sie ein Tier unnötig leiden lassen.
Die Initiative steht somit im klaren Widerspruch zum geltenden Tierschutzgesetz.
Auch lässt sie offen, inwiefern Zoomitarbeitende ihren Job bei Annahme der Initiative noch richtig ausüben können.
WELCHE FOLGE HAT DIE INITIATIVE FÜR DEN ARTENSCHUTZ?
Die Zoos und Tierparks der Schweiz versuchen, ein möglichst ganzheitliches Abbild der weltweiten Artenvielfalt zu zeigen. Obwohl es nicht (mehr) das gegen Aussen erklärte Ziel der Initianten ist, dürfte eine Annahme der Initiative dazu führen, dass der Zoo Basel mittelfristig keine Affen mehr halten kann. Die Tierrechtsjuristen werden hier alle Hebel in Gang setzen. Das bedeutet, dass zehn Prozent der Diversität der Säugetiere nicht mehr gezeigt werden kann, was aus Gründen der Bildung und der Verhaltensforschung gravierend wäre. Ferner gilt es zu bedenken, dass Affen in der Natur durch die Umweltzerstörung und die illegale Jagd stark bedroht sind. 60 Prozent aller Affenarten sind bedroht. Mit den international koordinierten Erhaltungszuchtprogrammen und allfälligen Wiederansiedlungsprojekten übernehmen wissenschaftlich geführte Zoos einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz. Mit einem Verbot der Affenhaltung in Zoos kann dieser Auftrag nicht mehr erfüllt werden.
GIBT ES ÜBERHAUPT TIERVERSUCHE IN ZOOS?
Alle wissenschaftlich geführten Zoos führen verschiedene verhaltensbiologische Beobachtungsstudien mit Affen durch. Verhaltensbeobachtungen, die wissenschaftlich aufgearbeitet und in Studien publiziert werden, gelten als Tierversuch mit Schweregrad „0“. Obwohl mit keinerlei Belastung für die Affen verbunden, sind sie bewilligungspflichtig. Die Anträge werden von der kantonalen Tierversuchskommission begutachtet und bewilligt, wenn der Nutzen für die Gesellschaft grösser ist als die Belastung und die Verletzung der Würde der Tiere. Im Jahr 2021 fanden insgesamt sieben solcher „Tierversuche“ im Zoo Basel statt.
Website des Zoologischen Garten Basel